Donnerstag, 28. August 2008

Die Zeit heilt alle Wunder

Das Lied ist von den "Helden", wenn ich mich nicht irre.

Ich hab es in Freiburg entdeckt und es kommt mir gerade wieder in den Sinn, nach meinem letzten Blogeintrag und dem Telefonat mit meiner Mutter heute morgen, die von einem Buch sprach "Ein Kurs in Wundern".

"Die Zeit heilt alle Wunder schon nach wenigen Jahrn sind nur noch Narben da wo Wunder warn..."

Es erzählt, wie ein Kind, das kaum laufen kann, immer wieder stehn bleibt, um ein Wunder zu sehn und Erwachsene es daran vorbei ziehn, sodass es lernt, Wunder zu übersehn, zu übergehn.

Wie einen Platz machen zum wieder auf die Knie gehn vor den kleinen Wundern? zum stehnbleiben und aufschauen zu den großen?

Das könnte eine Schule sein...


ich bin vor ein paar Tagen auf einem Schulhof erwischt worden beim Jonglieren (habe es gerade mit drei Keulen gelernt).
Eine Lehrerin hat mich gefragt, ob ich dort eine Zirkus AG machen mag und ich habe die Kinder gefragt, wer Zirkus machen mag und da standen so ungefähr zehn Erstklässler um mich rum und haben sich begeistert gemeldet und "ich" gerufen.
Sie hatten sich schon eine ganze Weile gewundert, wie das gehen kann mit drei Keulen und jetzt wollten sie, dass ich mich auch wundere "Kannst du dass?" "Guck mal!" "Kannst du das?" "Ich will auch mal!" "Wie geht das?" "Guck mal, was ich kann!"

ich habe ein bisschen Angst davor - vielleicht mach ich es trotzdem - aber wie lange halten die Kinder durch und wundern sich und freuen sich? Vielleicht wird beim Wiederholen alles entzaubert, entwundert, bevor sie es noch können? Die Zeit ist so wunderunfreundlich!

Andererseits hilft das Wünschen längst wieder.
Und nur, weil die meisten Menschen so vehement dagegen sind, sich zu wundern, haben sie es noch nicht gemerkt!

ich wünsch mir ein leises, freundliches Wundern, durch dass ich die Augen ganz groß mache und klar sehe!
und dir auch!

Schwestern und Brüder

Meine Schwester hat mir erzählt, dass sie oft, wenn sie irgendwo mit der Bahn hin will, nach 19:00 Uhr losfährt und andere Fahrgäste fragt, ob sie ein Tiket haben, auf dem sie Leute mitnehmen können. Am Wochenende geht das auch.

Als ich mich vor gut zwei Wochen Samstags auf den Weg zum Flughafen machte, um nach London zu fliegen, war ich sehr knapp dran, weil mir Flo gerade geschrieben hatte, dass er seinen Flug verpasst hatte. Als ich hektisch noch ein Tiket lösen wollte, kam eine Inderin auf mich zu, und lud mich ein auf ihrem Tiket2000 mitzufahren. In Dortmund hatte ich gut Zeit zum Umsteigen, aber kaum Zeit, nochmal an einen Automaten zu gehen, also fragte ich am Bahnsteig zwei Leute - und schon hatte ich eine Mitfahrgelegenheit bis zum nächsten Bahnhof, an dem ich umsteigen musste. Der Mann sah asiatisch aus, sprach nicht gut Deutsch und war nicht so mitteilsam, wie die Frau vorher. Mit diesen guten Erfahrungen fragte ich im nächsten Bahnhof den ersten Mann mit dunkler Hautfarbe, der mir begegnete, aber er war schon mit Familie unterwegs. Ich schob also das Vorurteil beiseite, dass mir eher Menschen mit exotischem Aussehen helfen - fragte aber trotzdem eine Rothaarige und hatte wieder Glück. Zwischendurch telefonierte ich mit meinem Vater und mit Flo, um uns ein Zelt und Flo einen neuen Flug zu organisieren. Der letzte Zug, den ich nehmen musste hatte gut eine halbe Stunde Verspätung und ich hegte schon die Vermutung, dass ich auch meinen Flug verpassen sollte, um dann doch mit Flo gemeinsam in London zu landen, aber die Verspätung diente anscheinend nur dazu, dass ich meinen Vater kurz treffen konnte, ein Zelt und frisches Wasser von ihm bekam, wieder eine Mitfahrgelegenheit finden konnte, sie mir erklären konnte, ab wo sie ein Zusatzticket und ich folglich auch ein Ticket benötigte, ich mir das Ticket besorgen konnte und noch mit den anderen Leuten quatschen konnte, die ich vorher gefragt hatte, weil sie sich jetzt auch dafür interessierten, ob ich denn gut weiter käme.

Am ShuttleBus zum Flughafen wartete ein Steward (auf mich?) der mir erklärte, wie ich jetzt zum Flug käme und wie ich dann von London Stansted günstig ins Zentrum käme. Er sah nicht indisch aus, was mich ziemlich wunderte, weil je näher ich an Kevelaer war, desto mehr Menschen mit Punkten auf der Stirn und in Saris sah ich. Ich habe leider vergessen, woher er eigentlich kam, aber inzwischen hat er hoffentlich eine Wohnung in Deutschland gefunden.
In London sah ich am ersten Tag auch so viele Saris. Aber ich fürchte, dann habe ich aufgehört, mich darüber zu wundern.

Samstag, 23. August 2008

und rund

wir sind in Hamburg gelandet, zur nächsten Autobahn gewandert und waren noch nicht ganz da, als uns schon eine Lehrerin mit nach Lübeck nahm.
Schön zu hören, dass sie ihre Arbeit liebt! Ich glaube es waren 15 Kinder in ihrer Klasse und sie erzählte von einer guten Lehrer-Schüler Beziehung, die sie Dank genügend Zeit zu ihren Schülern aufbauen kann. Sie interessiert sich für erlebnispädagogisches Teambuilding, das könnte ihren Kids gut tun, die sind jetzt in der 8. Klasse. ich habe ihr von captura und Hugoldsdorf erzählt und dass Friedel und Flo sich auch mal mit Erlebnispädagogik beschäftigt haben.
Abends um 23:00 Uhr ist es zu dunkel, um weiter zu trampen, wir haben es eine Weile versucht, aber dann unser Zelt aufgeschlagen und uns verkrochen, bis es wieder sonnig und wärmer war.
Dann warteten wir kaum eine halbe Stunde, bis uns ein Unfallchirurg mitnahm. Er fuhr schnell, aber er wusste wahrscheinlich mehr als viele andere, was er da tat. Vieles was er erzählte, deckte sich mit dem, was ich mal bei einer Mitfahrgelegenheit von zwei Medizinstudenten gehört habe und kürzlich in einem Artikel von einem bayrischen Arzt las: Die Gesundheitspolitik hier zu Lande macht Ärzten Lust auszuwandern und bringt die Medizin auf eine unmenschliche, profitorientierte Bahn. Ich würde gerne mal von jemandem hören, wie man Alternativen schaffen oder unterstützen könnte!

Hugoldsdorf war diesmal so still!
Einerseits habe ich gehofft, dass Maria, Friedel und Flo mehr Zeit haben, wieder Dinge zu tun, die aus ihnen selbst, oder aus einer Inspiration und weniger aus einer Reaktion auf äußere Notwendigkeiten entstehen, wenn die Familie nicht mehr im alten Gutshaus wohnt. Andererseits habe ich mich gefragt, was dann eine konkrete Verbindung zu diesem Ort darstellt - warum da und nicht anderswo?
Und ich habe die Kinder vermisst, mit denen man Jonglieren und Akrobatik machen konnte, die oft unerwartet auftauchten und mich irgendwie in einer besonderen Präsenz gehalten haben.
Zweimal fuhr ich mit Flurin an die Ostsee. Wir waren mit den Fahrrädern einmal knappe drei Tage und einmal einen Tag unterwegs und zwischendurch wieder im "Schloss". Dort und in der Baracke wurde viel gearbeitet, aber es gab erst richtig was für uns zu tun, als wir Farbe gekauft hatten und Anna, Maria, Yargo, Flo und Friedel sich auf den Weg ins Ruhrgebiet gemacht hatten. Beim gemeinsamen Arbeiten entstanden Gespräche mit "captura-Qualität" zwischen Flurin und mir, Gespräche, die jeder mit einem ehrlichen Standpunkt beginnt und bei denen man so gut zuhört und sich dem anderen verstehend nähert, dass am Ende beide auf Neuland stehen, bereichert.

Wir wollten noch nach Amsterdam trampen, aber auf der Raststätte fühlte ich mich ziemlich krank und es fuhr keiner in die gewünschte Richtung, der genug Courage und genug Platz im Auto gehabt hätte, um uns mitzunehmen. Wir hatten schon einen Platz für unser Zelt ausgespäht und wollten noch in der Raststätte warm essen, bevor wir kalt schlafen gingen, als und ein junger Mann, den Flurin schon gefragt hätte, ob er in unsere Richtung führe, fragte, ob wir jetzt gar nicht nach Hause kämen? Ich sagte, dass nach Hause auch gut wäre, das wäre für mich in der Nähe von Dortmund, aber wir hätten ja eigentlich vor, nach Amsterdam zu fahren. Er war auf dem Weg ins Sauerland und setzte uns fast vor der Haustür raus. wir waren zu müde, um viel zu reden und er war einer von denen, die so rasend schnell fuhren, dass wir auch nur relativ zur Strecke wenig Zeit gehabt hätten zum reden.

Donnerstag, 21. August 2008

rund



London ist bestimmt eine tolle Stadt, und am Rand lässt es sich auch gut leben, aber Großstädte sind irgendwie nichts für mich. Die Underground fährt fast immer genau so, wie man es sich besser nicht hätte wünschen können, aber was ist das gegen ein Fahrrad an der frischen Luft?

Die erste Nacht verbrachte ich allein im Zelt, einen Spatziergang vom Airport entfernt und entweder habe ich nicht viel geschlafen, oder geträumt ich läge wach. Irgendwann setzte sich ein Turkey (so heißen diese lauten Vögel doch?) neben mein Lager und gluckste von Zeit zu Zeit leise, dass beruhigte mich und der leise Regen störte auch nicht mehr.

Bis wir eine bezahlbare Bleibe gefunden hatten, schleppten wir viel Gepäck durch London, und verloren uns für Stunden im Internet.

Dann ist diese Stadt so international! Was ist überhaupt typisch britisch? Ein Italiener, den wir in der besten Pizzeria weit und breit trafen, riet uns, fish & chips zu probieren. Ein Mann aus Grönland verkaufte uns spanisches Obst und ein Marokaner, der in London studiert und arbeitet, empfahl uns nur den absolut typischen Touri-kram, auf den wir gerade keine Lust hatten. Vier Araber bestaunten Flo´s Jonglage mit drei Keulen und meine mit zweien, ein Deutscher fragte uns nach dem Weg und zwei anderen reisenden Päärchen von wer-weiß-wo konnten wir auch weiterhelfen, nachdem wir uns selber ohne Dach überm Kopf in London´s Nacht wiederfanden.

Es war aber eine richtige englische Lady, die wir an der Bushaltestelle trafen, würde ich sagen: sie trug ein lila Kostüm und einen betonierten Pagenschnitt und ich glaube auch eine Brille, oder? Sie war farbenfroh, aber doch nicht knallig geschminkt und hatte eine unglaublich zart, zahlreich in Falten gelegte, um die Augen durchscheinende Haut. Sie verlor den Humor nicht, als sie erfuhr, wo wir die letzte Nacht verbracht hatten, aber nach einem Wiedersehn und zwei netten Schwätzchen machte sie sich da so schnell wie möglich aus dem Staub.

Staub. ist es der Staub in der Luft, der macht, dass es jeden Tag mindestens einmal regnet?

Für uns waren in der Stadt die Menschen das Interessanteste.
Aber die besten Plätze für uns waren in den Parks.
Und in den Parks waren die Tiere sehenswürdiger, als die "Sehenswürdigkeiten"

Samstag, 9. August 2008

Richtung

ich mache mich heute Richtung Norden auf den Weg, werde eine Woche in England sein und dann wieder im Lande...
das wird eine abenteuerliche Reise: keine Ahnung, wo ich die nächste Nacht verbringen werde - und die Frage wird sich jetzt vielleicht bis Anfang September so durchziehn. Gerade machts Spaß! Hoffentlich stresst es dann nicht zwischenzeitlich zu sehr!

irgendwie bin ich versucht, mir einen Fotoapperat auszuleihen, weil hier schon so ewig keine Fotos mehr drin stehn...

gerade habe ich eine Mail abgeschickt, um die Tanzausbildung abzusagen. Es wäre ein wunderschönes Geschenk gewesen, was die Welt mir machen wollte, aber ich bin irgendwie zu sehr (zu sehr?) auf Tauschen aus und wusste nicht, was ich der Welt damit schenken kann.

Sonntag, 3. August 2008

anschließend Pfannkuchen

auf dem captura-blog sind Fotos und ein Bericht zu festival.forum zu sehen. Daran, bzw. an unsere Gespräche dort, schließe ich hier an:

WIR kl ICH keit
ver WIR kl ICH en

am Ende meiner Schulzeit bedeutete "verwirklichen" für mich, meine Träume wahr zu machen, materiell greifbar zu machen, damit andere den gleichen Zugang dazu haben, wie ich.
So wäre die Verwirklichung eine Bewegung vom "ich" zum "wir" und eine Art, Verantwortung zu übernehmen für seine Träume und Ideen.

Wirklichkeit haben wir im Gespräch eher als das bewegt, was vom "wir" ausgehend vom "ich" erstmal akzeptiert werden müsste.

Ich lese gerade in "Was ist Kunst?" Werkstattgespräche mit Beuys und vermute, damit hängt es zusammen, dass ich Wirklichkeit im Sozialen nicht verstehe als das, was existiert, sondern als das, was LEBT.
Ein System, was (schlecht) funktioniert, z.B. ist zwar vorhanden, entspricht aber nicht immer einer MENSCHLICHEN Wirklichkeit, wenn auch vielleicht leider DER menschlichen Wirklichkeit.

Es war auch im Gespräch, dass ein "wir" auf höherer Ebene erst möglich wird, wenn mehrere "ich-präsent" sind. Wenn ich in einer Situation nicht voll präsent sein kann, entsteht vielleicht ein "wir", aber das läuft Gefahr leer, "alle" zu sein im negativen Sinne. Ist die Situation dann noch wirklich?

Wirklichkeit ganz wörtlich genommen: fängt beim "wir" an und schließt das "ich" ein.
Ist so eine Situation ohne mich "Wirklkeit"? Hört sich an, wie Rumgewurschtl!

Kann ich von einer Wirklichkeit ausgehen, in der ich mich nicht wiederfinde?

"ergreife die Welt!" fordert doch zur Veränderung auf.
Natürlich ist die Welt nur so greifbar, wie sie ist.
Sie ist unfassbar, wie sie scheinbar ist.
Sie ist wahrscheinlich gar nicht gestaltbar, wo sie nicht wahrhaftig ist
- wo dem was ist, nicht Wahrheit anhaftet,
sondern wer-weiß-was, vielleicht Lüge -

Ich habe manchmal die Erfahrung gemacht, dass ich etwas verändern wollte, weil es so wenig wahrhaftig war und ich konnte es nicht greifen. Ich konnte soviel Kraft investieren, wie ich wollte, es veränderte sich nichts, außer dass die Kraft mir nicht für anderes zur Verfügung stand.

Aus was entsteht Wirklichkeit?
Was liegt Veränderungen zugrunde?
Auf beides könnte man antworten: Vergangenheit
das kann aber nicht alles sein!

ich erinnere mich gerade an Jolle, der zu captura2005 sagte "Veränderung braucht Mut. Und Mut entsteht hier"

richtig weiter komme ich damit gerade nicht.
Was ist Mut? Wie entsteht DER wieder?

oje, gerade entstehen immer mehr Fragen in meinem müden Hirn. Schneller als ich schreiben kann.
Also, ich mach nen Punkt und geh pennen und wünsche mir diesmal wirklich Antworten zu bekommen!
Im Schlaf,
in der Zwischenzeit ...
von dir