Freitag, 27. Juli 2007

Hören

Von Maria und aus Mails von Jasmin und Friedel habe ich einiges von den Tagen in Hugoldsdorf und der sommeruni in Cottbus erfahren.
Die Berichte aus Hugoldsdorf haben in mir einige Fragen aufgeworfen.
Wie kann ich mir Jugendlichen umgehen, die klauen? Kann ich das überhaupt? Kann ich Grenzen setzen? Heute hatten wir Besuch in unserer WG und der erzählte, dass er früher auch geklaut hätte. Ich fragte ihn, ob man mit Jugendlichen, die das tun darüber reden kann. Inzwischen habe ich fast den Eindruck, dass es eine Phase gibt, in der es "normal" ist, dass Jugendliche in Geschäften, vor allem Supermärkten, klauen. Nur "dummerweise" habe ich diese Phase selber verpasst und vielleicht kann ich mich deshalb nicht besonders gut in die Lage derjenigen versetzen, die so drauf sind.
Es ist allerdings schon ein Stück skrupelloser, private Sachen zu klauen, als im Supermarkt etwas mitgehen zu lassen, erst recht, wenn man dafür einbricht oder sogar Gewalt anwendet.
Ein Lösungsvorschlag des Besuchers war, Jugendlichen eine andere Umgebung anzubieten, in der das Leben "sonniger" ist - ohne klauen - am besten eine Umgebung, in der sie keinen Kontakt mit den Leuten haben, mit denen sie sonst klauen und sonstige Sch... bauen.


Das Gespräch nahm eine Wendung, wir sprachen über Kunst. Kann man richtig krass arbeitsintensive, gute Theaterprojekte mit "solchen" Jugendlichen machen? Verträgt sich Kunst und Sozialarbeit?
...
Muss soziale Arbeit nicht Kunst sein?
Kunst muss nicht immer direkt soziale Arbeit sein, aber Kunst wirkt im Sozialen, sobald sie wahrgenommen wird, oder?

dazu jetzt mehr...

Das Problem an dieser bezahlten Arbeit war ein Mangel an Freiheit. Mir war vorgeschrieben, wie lange, wie oft, zu welchem Thema und auf welches Ergebnis hin ich zu arbeiten hatte, noch bevor ich die Menschen kannte, mit denen das, ein Theaterprojekt, stattfinden sollte.
Als ich die Menschen kannte, hatte ich den Eindruck, dass ich anders mit ihnen arbeiten müsste, als es festgeschrieben war, versuchte also einen Kompromis zu finden und fühlte mich eigentlich richtig gut, als meine erste Rate nicht überwiesen wurde, weil das rechtfertigte, dass ich mich ganz auf die Arbeit mit den Menschen konzentrierte und den Vertrag erstmal links liegen ließ.

Einige Mädchen schrieben Texte zum Themenbereich Grusel, künstlicher Mensch, Monster. Teilweise inspiriert durch "Frankenstein oder der moderne Prometheus" aus diesen Texten und einer Idee zu einer Geschichte, die ich mal aufgeschrieben hatte, als ich im Alter der Mädchen war, bastelte ich ein Stück: projekt:frankenstein.
(Wer es lesen will, dem kann ich eine pdf per e-mail schicken)

Die Arbeit aus den Texten der Mädchen und dem Stück ein Heft zu machen, was gedruckt werden sollte, damit das ganze Projekt über Stiftungen refinanziert werden konnte, war erstmal nur dadurch motiviert, dass ich mein Geld auch verdienen wollte und niemanden hängen lassen wollte. Das Ergebnis gefiel mir selber nicht.
Ich hatte das Gefühl, mir wird Lebenszeit abgekauft und mein Leben war mir eigentlich zu kostbar, um es so gegen Bezahlung "wegzugeben". Als mir das klar wurde, habe ich nochmal alles überarbeitet, so dass ich auch mit dem Ergebnis leben kann.

Donnerstag, 19. Juli 2007

teile aufMerksamkeit

Was ist Arbeit?
Was mir zu denken gegeben hat ist, dass Annie, als ich mich in Alfter von ihr verabschiedet habe und ihr danken wollte, dass sie mir ermöglicht hat, mit diesen Menschen und ihrer Kultur in Kontakt zu kommen, irgendwie sagte, dass sie auch meine Arbeit schätzt.
Habe ich in den Tagen gearbeitet? Ich habe über Dinge gehört und gesprochen, die mich sehr interessieren, habe gespielt, gedacht, gelacht, getanzt, ein Portrait gezeichnet, ein bisschen beim Bau einer Schaukel und in der Küche geholfen, versucht ein paar Wörter Arabisch aufzuschnappen, ein wenig aufgeräumt... vielleicht hat sie das auch gar nicht gemeint?
Auf projekt.tagung und während unserer Woche in Hugoldsdorf war das ähnlich. Vielleicht ist Schuttschippen leichter als Arbeit erkennbar, aber das habe ich in Hugoldsdorf mit der gleichen Einstellung und der gleichen Energie gemacht, mit der ich bei projekt.tagung tanzte. Und überall durfte ich erleben, dass es (kann ich sagen "meine Arbeit"?) für andere Menschen eine Qualität hatte.

Wenn ich jemanden zeichne, möchte ich ihm vor allem meine Aufmerksamkeit schenken, vielleicht eine persönliche Antwort auf die Frage geben "wie sehen mich andere Menschen?" (mit dieser Frage begegneten mir in letzter Zeit viele Menschen) und wenn ihnen diese Antwort gefällt und sie mir gelungen scheint, schenke ich auch gerne das Ergebnis, die Zeichnung. Vorher einen Preis auszumachen für so ein Bild ist mir unmöglich, weil ich keine bestimmte Qualität für das Ergebnis garantieren kann. Vielleicht könnten wir für die fertige Zeichnung einen Preis aushandeln. Ist Aufmerksamkeit Arbeit? ...ist ungeteilte Aufmerksamkeit mehr Arbeit? Was tut derjenige, der Modell sitzt? Entspannen? Arbeiten? Immerhin lerne ich durch ihn etwas über meine Wahrnehmung und übe meine Technik, wie ich es ohne ihn nicht könnte und ich erfahre vielleicht etwas von diesem Menschen.

Gerade Gestern bin ich damit fertig geworden, so zu arbeiten, wie es wahrscheinlich für die meisten Menschen zu verstehen ist: mit Vertrag gegen Bezahlung. War das Arbeit?

dazu bald mehr...

Dienstag, 17. Juli 2007

Zentrale

Zwischen einem gemütlichen Platz, an dem die projekt.zeitung liegt, meinem Computer und dem Telefon bewege ich mich in Gedanken zu meinen Freunden, meiner Familie und in ferne Länder...
Meine Freundin Min läd mich nach China ein, in die Gegend, die an Tibet grenzt... Lena schreibt über einen Weg und einen Menschen, in Brasilien bin ich beiden mal begegnet und ihre Bilder stehen wieder lebendig vor mir... Firas schreibt über sein Land Palästina und Annie(?) schreibt, dass sie mit ihm und Moartasem in Dornach ist und fragt, wie es Jakob, Achmed, Maschd und Bilal in Überlingen geht. Gestern morgen haben wir uns in Alfter bei Bonn verabschiedet, als sie sich nach Süden aufmachten, um uns in zehn Tagen im Schloss Hamborn wieder zu treffen... Benjamin und Philipp berichten über Vorgänge in der alten Tischlerei in Cottbus und haben auch Fotos von der Sommeruni gemacht, auf denen ich Nils und Jasmin erkenne... ich telefoniere mit Maria und Friedel, die auch dort sind und später chatte ich mit Jasmin. Sie erzählt von Hugolddorf und den Kindern dort, ich erzähle von den vergangenen Tagen, in denen ich ein wenig in die arabische Kultur schnuppern konnte... ich weiß, dass in Dornach Ursach Zukunft beginnt, weil Flo dorthin aufbrach... aus Polen kam ein Brief, der eine Blume übers Wasser schickt, die in Hugoldsdorf stand...

Montag, 9. Juli 2007

Ich sehe dich

In Hugoldsdorf zeichnete ich viele Portraits. Es ist schön, sich eine Weile ganz auf einen Menschen zu konzentrieren. Dabei frage ich mich manchmal, was ich sehe... vor allem, wenn auf dem Blatt vor mir ein anderes Gesicht entsteht, als in meinen Augen.



Erkenne ich mein Gegenüber?







...und dann läuft auf einmal Jacek vorbei und fragt, ob ich mich auch selbst zeichnen kann...
?

Sonntag, 1. Juli 2007

jetzt aber

Jetzt ist es schon wieder eine Woche her, dass wir in Hugoldsdorf waren... in meinem Gefühl ist erst drei Tage her. Vorher hatte ich Fotos gesehen, hatte Friedel und Flo erzählen gehört und mir den Ort als beste bekannte Alternative für captura, aber nicht als Lebensraum für mich vorstellen können. Ich dachte, es wäre gut, noch weiter nach einem Ort zu suchen. Als wir da waren, und ich zum ersten Mal durch die Räume, Zimmer, Sääle, Baustellen, Wracks streifte, sah es schlimmer aus, als auf den Fotos oder in meiner Vorstellung, die ich mir nach den Erzählungen zurechtgelegt hatte... vielleicht sah es auch gar nicht schlimmer aus, aber ich konnte es auch noch riechen: Staub, Feuchtigkeit, Moder... es riecht nach Arbeit -
schön!