Montag, 29. Juni 2009

König Lear


Ein düsteres Stück. Weil der König frühzeitig seine Macht und Verantwortung aufgibt, erliegen zwei seiner Töchter der Versuchung, die Macht zu ihrem eigenen Vorteil zu vermehren zu suchen. Die jüngste Tochter stürzt es ins Unglück, dass sie sich dagegen stellt. Ein karierebesessener Grafensohn gewinnt die machtverliebten Schwestern und verliert sie wieder, weil er sich nicht für eine entscheiden kann. Der König hat seine Fehler kaum erkannt, als Wahnsinn ihn immer weiter von der Heilung der Umstände entfernt. Im Gewitter schaukelt sich die gewaltige Unordnung in Natur und Mensch gegenseitig hoch. Erreichbar ist der König mehr für den gespielten Wahnsinn eines flüchtigen aber rechtmäßigen Erben, kaum für die todernsten Späße seines Narren und die traurig lieben Worte seiner Jüngsten, nicht für die Worte seines treusten Dieners. Im Krieg siegen die skrupellosen und ziehen gleich weiter in die Selbstvernichtung. Zwischen allen Leichen bleiben zwei sanfte Männer stehen, die auch nicht mehr unschuldig sind und denen man nur das künftige Glück des Königreiches zutrauen möchte, weil das Schicksal sich an diesem tiefsten Punkt doch wenden muss!


Ich habe mich nie so eingeschränkt mit einem Stück beschäftigt: Es war nicht meine wichtigste Aufgabe, sondern die Hauptaufgabe neben dem unterrichten in der sechsten Klasse. Den Text und die Rollengestalt hatte ich schnell, ich probte nur vielleicht dreimal für mich alleine und sonst zu den angesetzten Probenzeiten. Machte mir kaum Gedanken darüber, was noch mehr hätte geprobt werden sollen, fühlte mich in vielen Situationen auf der Bühne erstarrt und verlor auch noch in den Aufführungen den Bezug zur Rolle: plötzlich hörte ich mich sprechen, fühlte meinen Körper und wusste nicht mehr, wie ich zu dem Mann, den ich darstellen wollte durchdringen sollte. Nach der zweiten Aufführung war ich so unglücklich!
In unserem Spiel habe ich Leichtigkeit und Geschlossenheit vermisst und manchmal auch Schönheit. Form hatte die Inszenierung; haben wir uns sonst so intensiv um eine Erscheinung in Kostüm und Bühnenbild bemüht?
Einige Mitspieler haben mich in den Proben mit einer so großen Verwandlung zur Rolle hin, oder so viel Authentizität verblüfft, dass ich mir sehr wenig virtuos daneben vor kam und gleichzeitig keine Sorge mehr hatte, dass es ein bühnenreifes Stück würde. Aber dann blieb diese Entwicklung nach dem ersten Riesenschritt fast stehen, überschlug sich stellenweise und um die Bühnenreife zu schmälern, blieben wir in den Umbauten lahm und ungenau. Ich konnte soviel, was ich als nötig empfand nicht durchführen, weil mir die Zeit fehlte: mir selber den roten Faden erarbeiten, Umbauproben anregen, die Vielschichtigkeit meiner Rolle ausspielen, in die Atmosphärenwechsel eintauchen...
Ich bin heilfroh, dass bald nach den Ferien das nächste Stück bearbeitet wird, für das ich mehr Zeit habe und jetzt schon im Bewusstsein habe, was mir für "König Lear" erst nach und nach wieder aufging!


Das Zuschauerfeedback war so unterschiedlich! Aber eine Aussage hat mich dazu bewogen, mich nicht weiter zu grämen: es sei besser als die Collage des letzten Jahres gewesen.

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